Für uns stand in der Woche vom 16. bis zum 20. Dezember das zweite, winterlich-weihnachtliche, Seminar an, welches unter dem Thema Extremismus stand. Das Orgateam (denn dieses Mal wurde die Seminarfahrt von uns FSJler*innen organisiert) hatte einen sehr interessanten Plan zusammengezimmert, und wir waren gespannt, was die Woche so bringen würde.
Nach der nicht ganz so langen Anfahrt und einer extrem anstrengenden, steilen Treppe kamen wir im Jugendgästehaus Liebethal an, das uns sofort sympathisch war. Der liebevoll renovierte Gutshof bot schicke Zimmer und einen super coolen Seminar- und Aufenthaltsraum. Am meisten begeistert waren wir vom Essen; es gab immer eine leckere vegetarische Variante und kreative Desserts! Gut gefüllt begannen wir also nach dem Mittagessen mit unserem Seminarauftakt.
Dieser bestand zunächst aus Orgakram, um den Ablauf der Seminarwoche zu klären. Danach stand eine Praxisreflexion und der Erfahrungsaustausch zu unseren Einsatzstellen an. Dafür hatte sich Feli eine Speed-Dating-Methode ausgedacht, durch die wir gut miteinander ins Gespräch kommen konnten. Nach der Kaffeepause, bei der es übrigens auch leckeren hausgemachten Kuchen gab, ging es mit dem ersten theoretischen Teil los. Im Vortrag „Das politische Spektrum und die Hufeisen-/Extremismustheorie“ erklärte uns das Orgateam anschaulich und informativ, wie das politische Spektrum von rechts nach links aufgeteilt und definiert ist. Hierbei konnten schon einmal viele Grundbegriffe und historische Hintergründe geklärt werden. Nach dem Abendessen folgte eine freie Abendgestaltung mit Spielen wie Secret Hitler oder Halt mal kurz. Einige machten auch einen Spaziergang und erkundeten die Gegend rund um Liebethal.
Am Dienstag begannen wir nach dem Frühstück wie immer mit einem WUP und einer Is-Was-Runde. Meistens ist aber nichts, deswegen konnten wir fix mit dem nächsten Workshop anfangen. Für „Fakt vs. Fake – Fake News erkennen“ kam Antonie Rietzschel zu uns, die für die Süddeutsche schreibt und (ratet mal) auch ein FSJ Politik gemacht hat! Sie hat uns erklärt, wie man am besten zwischen Fakten und Fake-News filtert und wir haben die Ereignisse von Chemnitz versucht nachzuvollziehen, um die gelernte Theorie mal auf die wirklichen Geschehnisse zu übertragen. Das war sehr spannend und die Gruppe, die in der rechten Filterblase steckte, hatte vielleicht beim Ausschmücken der Ereignisse etwas zu viel Spaß 😉
Danach ging es in den zweiten Teil des Aktionskunst-Workshops, den wir ja schon in der ersten Seminarwoche begonnen hatten und der nicht bei allen Anklang gefunden hatte. Aufbauend auf dem ersten Teil wurde der Blick noch auf aktuelle politische Aktionskunst geworfen und in einem sehr theoretischen Diskurs versucht, eine Grenze zwischen der Politik und dem Politischem zu ziehen. Zudem gab es die Möglichkeit, eine eigene Aktion für die Landesaktionswoche im April zu brainstormen.
Der Dienstagabend schloss mit einem Open Space, bei dem sich zur PKK ausgetauscht wurde und es einen Inputvortrag gab, damit eine Diskussionsbasis vorhanden war.
Am Mittwoch kam dann das Orgateam wieder zu Wort und wartete mit einem Workshop zum Thema „Radikalisierung von Individuen – Ein Überblick über mögliche Erklärungsansätze“ auf. Dazu schauten wir uns auch Zahlen zu politisch motivierten Gewalttaten an. Wir betrachteten, was Radikalisierung überhaupt bedeutet und in welchen Kreisen sie sich vollziehen kann. Detaillierter gingen wir dabei auf Fußball und Musik ein und diskutierten Fangruppen und Liedtexte. Elternhaus und Familie fielen leider weg, da die zuständige Mit-FSJlerin krank geworden war. Allgemein haben wir auf dieser Seminarfahrt einige Leute durch Erkältung verloren (also nicht wirklich; sie waren nur einfach nicht dabei). Nach der Mittagspause ging es dann mit einem sehr interessanten und langen Vortrag weiter – Steven von ChronikLE erzählte uns von Dynamiken und Entwicklungen rechter Bewegungen in Sachsen. Wir waren zunächst skeptisch, wie spannend so ein vierstündiger Vortrag sein könne. Steven hat uns aber super mit einbezogen und entwickelte mit uns auch Pinnwände mit Merkzetteln. Am Ende stellten wir fest, dass wir sogar noch mehr Zeit gefüllt bekommen hätten.
Später am Abend folgte dann ein Quiz, bei dem alle sehr viel Spaß hatten. Es drehte sich um Codes und Styles der rechten Szene, wobei einige durch sehr viel Vorwissen einen unfairen Vorteil hatten (ihr wisst, von wem ich rede!). Lustig war es trotzdem und die Preise wurden auch geteilt. Der Rest des Abends wurde wieder viel mit Kartenspielen und Unterhaltungen verbracht.
Am vorletzten Tag, dem Donnerstag, hatten wir noch ein sehr praktisches, also sowohl nützliches als auch aktives, Argumentationstraining zum Umgang mit rassistischen und diskriminierenden Äußerungen. Dabei lernten wir von den beiden super sympathischen Referent*innen von gegenArgument Selbstachtung und Gesprächsstrategien. In einem Zirkeltraining konnten wir diese dann auch aneinander erproben, wobei viele am Ende äußerten, dass sie daraus etwas Sinnvolles mitgenommen hätten. Wir argumentierten bis zur Kaffeepause, dann mussten wir die beiden leider verabschieden.
Vor dem Abendessen erarbeiteten wir dann, unter Führung des Orgateams, Ziele, Inhalte und Verteilung rechtspopulistischer Parteien im Europaparlament. Dazu erstellten wir informative Flipcharts und sahen uns das auf einer (sehr gut gezeichneten!) großen Europakarte an. Das war sehr informativ und bot uns einen guten Überblick.
Den Tagesabschluss bildete das Schrottwichteln, denn schließlich wollten wir ja ein bisschen weihnachtliche Stimmung verbreiten. Es hatten sogar (fast) alle an ein Geschenk gedacht und nach einer komplizierten, langen, aber witzigen Würfelrunde hatten dann auch alle etwas in der Hand, womit sie mehr oder weniger glücklich waren, unter anderem ein aufblasbarer Miniflamingo, der sehr gut zu Detlef passte.
Am Freitagmorgen war dann schon Aufräumen angesagt. Nach dem Frühstück tauschten wir uns noch zum Thema „Selber aktiv in Sachsen“ aus, was auch den inhaltlichen Abschluss dieser Woche bildete. Nachdem uns Klara noch über Neuigkeiten im Bereich Freiwilligendienste auf Landesebene informiert hatte (die Integration von Freiwilligen in ein Azubiticket steht endlich im Koaltionsvertrag!) besprachen wir noch ein bisschen was zu unseren eigenen Projekten. Nach einer überwiegend positiven, aber erschöpften Feedbackrunde, ging es dann zum letzten leckeren Mittagessen und zurück zum Bus.
Insgesamt war es eine Seminarfahrt, die gespickt war von guten und sehr guten Workshops. Auch wenn es etwas anstrengend war, haben wir in dieser Woche viel gelernt und hatten die Möglichkeit, uns über super viele Sachen auszutauschen!
Sara P. (Fotos und Text: Sächsische Jugendstiftung – FSJ Politik)