Nach zwei Monaten harter, aber belohnender Arbeit in der Einsatzstelle, war es am Morgen des 26. Novembers Zeit, eine auf Grund mangelnder Infrastruktur mühselige Reise anzutreten, welche die aktuellen FÖJler und FÖJlerinnen in das verschlafene Örtchen Dreiskau-Muckern geleiten sollte.

Als alle nach und nach eingetrudelt, die Begrüßungszeremonie mitsamt diversen Belehrungen abgeschlossen und die Zimmer bezogen waren, stürzten wir uns mit Ingo, einem Öko-Veteranen, welcher sich auf Grund seiner aufgeschlossenen Art bei der FÖJ-Jugend allgemeiner Beliebtheit erfreut, mitten ins Geschehen. Die Führung durch das von alten Höfen und Fachwerkbauten geprägte 700 Seelendorf gipfelte in einem Besuch im einzigen Wirtshaus des Ortes, wo wir bereits von der Wirtin mit Kaffee, Kuchen und einem prasselnden Kaminfeuer erwartet wurden. Während wir uns durch die verschiedenen Kuchen und Torten probierten, lauschten alle den Geschichten über die jüngste Vergangenheit des Dorfes, welches durch den Braunkohleabbau in der Umgebung schon beinahe dem Untergang geweiht war und über die vorherigen Einwohner, die von einem korrupten System nahezu zwangsenteignet wurden, und sich mit einer lächerlichen Abfindung von ca. 20 000 Mark zufrieden geben mussten. Und das kurz vor der Wende, welche die Währungsreform und das Ende der Braunkohleförderung in Dreiskau-Muckern mit sich brachte. Für viele Alteingesessene bedeutete das den Verlust eines elementaren Bestandteils ihrer Existenz, manche wählten sogar lieber den Freitod, als den Ort zu verlassen, welchen sie ihr Leben lang „Heimat“ genannt haben.

Nach diesem zwar sehr leckeren, jedoch auch andächtigen Kaffekränzchen, heiterte uns Max (Teamleiter) mit einem Gruppenspiel wieder auf, bevor es zum gemeinschaftlichen Filmabend ging, nachdem wir uns endlich in unsere, mit kuriosen Namen, wie z.B „Fuchsbau“, versehenen Zimmer zurückzogen. Der Fuchsbau war für uns alle in dieser Woche der gesellschaftliche Mittelpunkt des Landschulheims, in dem abendlich und zum Teil nächtlich Poker-Turniere und andere Wettkämpfe ausgetragen wurden. Teilweise – und an dieser Stelle möchte sich der Autor bei allen betroffenen Personen offiziell entschuldigen – zum Unmut anderer, die sich auf Grund des manchmal etwas höheren Geräuschepegels aus dem Fuchsbau in ihrer nächtlichen Ruhe gestört sahen. Doch ganz gleich, ob man bis spät in die Nacht dem munteren Beieinandersein frönte, oder seine Zeit zum Schlafen nutzte: pünktlich um acht begann das Frühstück, welches sich seltsamerweise von seiner Beschaffenheit nicht im geringsten vom Abendessen unterschied (es gab Brot, Wurst und Käse, außerdem ein veganes Hackfleischimitat) und im Laufe der Woche nicht durch großartige Abwechslung glänzte. Kulinarische Aspekte einmal außer Acht gelassen, war das Seminar eine willkommene Abwechslung zum Arbeitsalltag und hat sowohl Spaß gemacht, als auch Wissen vermittelt und Denkanstöße erteilt. Als Beispiel für Letzteres sei unsere Exkursion ins Kohlekraftwerk Lippendorf aufgeführt, welches allein schon durch seine Architektur und die immense Maschinerie einen bleibenden Eindruck hinterließ. Vor Ort führte uns ein ehemaliger, sich nun im Ruhestand befindender, Mitarbeiter des Kraftwerks, durch die Anlage. Er verfügte über ein solches Fachwissen, dass er glaubhaft und nachvollziehbar die Argumente, die noch für die Braunkohleförderung sprechen, vermitteln konnte. Ich selbst war verblüfft, einmal wasserdichte Fakten zu hören, warum es im Moment in Deutschland technisch unmöglich ist, komplett auf fossile Energien zu verzichten. Allein für Diskussionen wie diese, die nicht alles schwarz oder weiß malen, sondern auch Graustufen zulassen, ohne dass man sich deswegen angeprangert fühlt, und das inmitten vieler, die ihren Lebensunterhalt mit Umweltschutz oder der Braunkohleförderung verdienen, hat sich die Seminarreise für mich bereits gelohnt.

Alles in allem war das Seminar, so wie das vorhergegangene ein voller Erfolg und der Abschied von den anderen FÖJlern, sowie von den Teamleitern Max und Ingo, fiel manchen sicherlich schwer. Was allerdings hoffen lässt, ist die Seminarreise im Januar nach Dresden, auf die sich viele aus verschiedenen Gründen schon seit langem freuen. Bis dahin wird jedoch wieder die Arbeit in den Einsatzstellen unseren Alltag dominieren. Eine wie bereits erwähnt manchmal harte, jedoch auch sehr belohnende Arbeit.

Text: Clemens Kühn
(Ökologische Station e.V. Naturförderungsgesellschaft Birkenhain)

Fotos: noch ausstehend

Es fährt ein Bus nach nirgendwo
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